Der virtuelle Bergmähwiesen-Pfad
mit seinen 8 Infostelen
Vom Sofa aus die Schönheit des Vogelsbergs entdecken
Der virtuelle Bergmähwiesenpfad macht das Naturerlebnis im Vogelsberg über die Website zugänglich. So kann der Pfad ohne lange Anfahrtswege vom Sofa aus bewandert werden. Die Stelen enthalten weiterführende Informationen, Fotos und Grafiken. Viel Spaß beim Entdecken!
Stele 01: Vulkane & Böden
Feuerspeiende Vulkane mitten in Hessen? Allerdings! Vor etwa 18 bis 15 Millionen Jahren waren Vulkane im Vogelsberg aktiv. Mit einer Fläche von rund 2.500 Quadratkilometern ist er das größte Vulkanmassiv in Mitteleuropa.
Erstarrte Lavaströme, fünf- und sechseckige Basaltsäulen oder sagenumwobene Felsformationen wie die Geotope „Bonifatiuskanzel“ und „Gesicht“, an denen der Bergmähwiesen-Pfad entlangführt, sind sichtbare Zeugnisse dieses feurigen Zeitalters.
Das Vulkangestein prägt auch die Bergmähwiesen: Der Boden an der Herchenhainer Höhe besteht überwiegend aus Braunerden, die als Verwitterungsprodukt aus vulkanischem Basalt und Lösslehm entstanden waren. Im Zusammenspiel mit der Höhenlage über 700 m, dem Mittelgebirgsklima mit hohen Niederschlägen, kalten Wintern und trockenen Sommern sind das beste Voraussetzungen für die Pflanzenvielfalt der Bergmähwiesen.
Zur Entstehung des Vogelsbergs, dem größten Vulkangebiet Mitteleuropas
Die Förderung der vulkanischen Gesteine begann im Vogelsberg vor etwa 18 Mio. Jahren und endete vor ungefähr 15 Mio. Jahren. Mit der Wanderung des afrikanischen Kontinents in Richtung Norden geriet auch die europäische Platte unter steigenden Druck. Durch eine Vielzahl an Spaltenergüssen und einzelnen Eruptionen war in mehreren, zeitlich versetzten Schüben der Vogelsberg entstanden. Zwar wirkt der Vogelsberg heute wie ein großer Zentralvulkan, doch das ist er nicht. Tatsächlich stellt er sich als Region dar, die von vielen unterschiedlichen Ausbruchsstellen geprägt ist.
Der Vogelsberg baut sich überwiegend aus Basalten auf, doch auch Trachyt ist zu finden. Beides sind Ergussgesteine, die durch den Aufstieg von flüssiger Gesteinsschmelze (Magma) entstanden. Dieses Magma kann dicht unter der Oberfläche erkalten oder als Lava hervortreten und dann über der Erde erkalten. Neben Basalt und Trachyt finden sich auch Auswurfprodukte des Vulkans, so genannte Pyroklastika. Diese kommen in Form von feinkörniger Asche, Lapilli (kleinen Steinchen) oder Bomben (größere Lavafetzen) vor. In verfestigter Form nennt man Aschen „Tuff“ und Material mit einem höheren Anteil an Bomben „Schlackenagglomerat“.
Während der Vulkantätigkeit herrschte deutlich wärmeres Klima, in dem u.a. Palmen und Lorbeerbäume wuchsen. Die vulkanischen Produkte, auch die Basalte, waren damals einer tiefgründigen Verwitterung ausgesetzt. Ihre mineralischen Bestandteile wurden dabei chemisch umgewandelt. Es bildeten sich mächtige Verwitterungsdecken, die an der Oberfläche Roterden entwickelten. Das Eisen wurde aus den Gesteinen herausgelöst und konzentrierte sich in Form von Krusten aus „Basalt-Eisenerz“. In Bauxitknollen wurde auch Aluminium angereichert. Daneben entstanden an manchen Stellen auch Braunkohlelager im Vogelsberg. Die chemische Verwitterung ließ zum Ende des Vulkanismus nach. Das Klima wurde zunehmend kühler. Vor etwa zwei Millionen Jahren begann das Zeitalter der Eiszeiten. Wasser, Eis und Wind sorgten nun dafür, das das radialstrahlige Talnetz entstand und die Verwitterungsprodukte abgetragen wurden, wobei sich Flussterrassen bildeten. Auch die für den Vogelsberg so typischen Blockmeere entstanden in dieser Zeit.
Mehr Hintergrundinformationen zu diesem Thema finden Sie auf der Internetseite des Geopark Vogelsberg.
Stele 02: Naturschönheit & Weitblick
An klaren Tagen ist die Aussicht vom Bergmähwiesen-Pfad ein besonderes Erlebnis. Am Standpunkt der Panoramatafel überblickt man die ganze Vogelsbergregion und erhascht, wenn man Glück hat, sogar einen Blick auf die fernen Frankfurter Wolkenkratzer.
Naturschönheit und Weitblick auf einer Stele beschreiben? Hier lassen sich kaum Worte finden. Die traumhafte Landschaft soll lieber für sich selbst sprechen.
Stele 03: Artenvielfalt & Bedrohung
Die einzigartigen Bergmähwiesen im Vogelsberg sind keine Wildnis, sondern ein vom Mensch gemachtes Naturwunder. Viele gefährdete Arten haben hier ihren Lebensraum.
Besondere Pflanzenarten der Bergmähwiesen sind z.B. Weichhaariger Pippau, Kugel-Teufelskralle, Wald-Storchenschnabel oder Arnika. Die Landwirte mähen die Wiesen zu ganz bestimmten Zeitpunkten ein- bis zweimal im Jahr (die Mahd) und erhalten damit die Pflanzenvielfalt. Diese jahrhundertealte Form der Bewirtschaftung ist heute jedoch wirtschaftlich wenig effizient. Die Zahl der Bewirtschafter nimmt immer mehr ab. Doch ohne Pflege würden die Flächen verbuschen oder verbrachen und die einzigartige Artenvielfalt verlorengehen.
Agrarumweltprogramme fördern den Erhalt dieser Kulturlandschaft und tragen zum Schutz der Artenvielfalt bei. Sowohl für den Vogelsbergkreis, das Land Hessen, das Bundesamt für Naturschutz als auch für die Nachhaltigkeitsinitiative „Nähe ist gut“ ist der Erhalt der Bergmähwiesen ein Leuchtturmprojekt.
Sie als Verbraucher können die Landwirte durch den Kauf regionaler Produkte wie Rind- und Lammfleisch, Käse oder Honig bei der Erhaltung der Bergmähwiesen unterstützen.
Erhaltung der Kulturlandschaft Hoher Vogelsberg
Der Vogelsberg bietet eine Fülle landschaftlicher Facetten. Viele davon sind durch eine traditionelle Bewirtschaftung durch Landwirte entstanden. Entwaldung, Beweidung und anderweitige land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Nutzung trugen dazu bei, neue Lebensräume und unterschiedlichste Landschaftsmosaike zu schaffen: die Kulturlandschaften. Mit Agrarumweltprogrammen wird der Erhalt und die Pflege dieser Kulturlandschaften unterstützt und trägt damit zum Schutz der Artenvielfalt, und auch zum Naturerleben im Vogelsberg bei.
Diese jahrhundertalte Form der Bewirtschaftung der Bergmähwiesen ist aufgrund der ökonomischen Ansprüche an die Landwirtschaft wenig effizient geworden. Durch die notwendige extensive Bewirtschaftung und eine ein bis zweimalige Mahd mit Nachbeweidung im Jahr, ist der Erhalt dieser Flächen nicht mehr wirtschaftlich. Wenn allerdings niemand mehr die Bergmähwiesen bearbeitet und pflegt, wird diese einzigartige Pflanzen- und Tiervielfalt stark zurückgehen. Dadurch ginge dem Land Hessen ein wertvoller Naturraum verloren.
Die national als bedeutend eingestufte Artenvielfalt des Vogelsbergs ist durch den Menschen entstanden und an die traditionelle Bewirtschaftung unserer Heimat gebunden. Daher ist der Erhalt auch nur gemeinsam mit den örtlichen Landnutzern und Konsumenten möglich.
Weiterführende Informationen:
Das Bundesamt für Naturschutz definiert „Bergmähwiesen“
Stele 04: Quellen & Wasser
Der Vogelsberg ist einer der größten natürlichen Wasserspeicher Deutschlands. Durch seinen Aufbau von unterschiedlich durchlässigen Schichten aus Vulkangestein speichert er riesige Grundwassermengen in ausgezeichneter Trinkwasserqualität.
Seit rund 150 Jahren dient der Vogelsberg der überregionalen Wasserversorgung vor allem für die Metropolregion Frankfurt / Rhein Main. Der Bereich um Herchenhain und Hartmannshain ist Einzugsgebiet mehrerer Trinkwassergewinnungsanlagen.
Sichtbare Zeichen des Wasserreichtums sind die zahlreichen Quellen. Im Inneren des Vogelsberges sammelt sich über wasserundurchlässigen Schichten aus Tuff (verfestigte vulkanische Asche) und Ton in klüftigem Basaltgestein Grundwasser an. Diese Reservoire sind Ursprung der vielen Quellen. Zusammen mit den ergiebigen Niederschlägen wird die Bergmähwiesen-Vegetation so mit Wasser versorgt.
Quellen bieten einzigartige Lebensräume für kleinste Tierarten, wie den aus der Eiszeit stammenden Alpenstrudelwurm oder die seltene Rhön-Quellschnecke. Als empfindliche Biotope müssen Quellen besonders geschützt werden. Alles Leben hängt von sauberem Wasser ab.
Umweltverträgliche Wassergewinnung
Aufgrund seiner geologischen und klimatischen Besonderheiten dient der Vogelsberg seit über 150 Jahren der überregionalen Wassergewinnung. In Bad Salzhausen ist die älteste Wassergewinnungsanlage aus dem Jahre 1858 noch heute für Trinkkuren in Betrieb. Um Frankfurt mit dem Vogelsberger Wasser zu versorgen wurde bereits 1872 die erste Fernwasserleitung vom Quellgebiet Fischborn in die Metropole verlegt.
Heute gibt es elf überregionale Wasserwerke im Vogelsberg. Dabei sind die Förderleistungen der Vogelsberger Brunnen hoch, so dass im Ausgleich ein besonderes Augenmerk auf die umweltverträgliche Grundwasserförderung geworfen werden muss. Eine Vielzahl von Feuchtbiotopen wie Niedermoore, Feuchtwiesen und naturnahe Auen ist an die Existenz von oberflächennahem Grundwasser gebunden. Um die Grundwasserentnahme und den Umweltschutz in Einklang zu bringen, wurde ein „Leitfaden zur Durchführung der Untersuchungen im Rahmen von Wasserrechtsanträgen“ entwickelt. Mit dem Leitfaden konnte ein Konzept zur Verringerung des Wasserbedarfs sowie ein System, welches die Auswirkungen der Grundwasserentnahme auf die nahe Umwelt analysiert und aufzeigt, etabliert werden. Durch die Ermittlung, ob die Grundwasserentnahme ein ökologisches Risiko darstellt, soll unter anderem der Schutz von Feuchtbiotopen mit ihrer Pflanzen- und Tierwelt erfolgen.
Hydrogeologie des Vogelsbergs
Betrachtet man die geologische Struktur des Vogelsberges, so werden verschiedene aufeinander folgende Gesteinseinheiten sichtbar, die die Qualität und Zusammensetzung des Grund- und Sickerwassers der Region mitbestimmen.
Der Vogelsberg ist ein Kluftgrundwasserleitsystem. Die Bezeichnung stammt dabei von den geologischen Voraussetzungen der Region. Niederschlagswasser aus Regen und Schnee sammeln sich in den Hohlräumen der Erdkruste, die in der Region des Vogelsberg aus aus kompakten Basaltgesteinen mit Klüften bestehen. Das Niederschlagswasser füllt die Hohlräume im Gestein und wird an die folgenden Gesteinsschichten weitergegeben.
Man unterscheidet grundwasserleitenden, grundwassergeringleitende und grundwassernichtleitende Schichten.
In der Region des Vogelsbergs wechseln sich vornehmlich Basalteinheiten und Tuffgesteine ab. Tuffgestein besteht aus verfestigter vulkanischer Asche und ist damit das Ergebnis aus der Entstehungsgeschichte des Vogelsbergs, welche durch den Vulkanismus geprägt war. Vor allem die Tuffschichten sind schlechte Grundwasserleiter, sodass es hier zum „Stau” des Wassers kommt. Hingegen wird das Grundwasser gut transportiert wenn es die Schichten des klüftige Basalt erreicht. Eine zusätzliche Schicht aus tonhaltigen Böden ist ebenfalls zu finden.
Da es zwischen den vulkanisch aktiven Phasen auch längere Unterbrechungen gab, konnte der basaltische Untergrund unter warm/feuchten Klimabedingungen verwittern, sodass es zur Bodenbildung kam. Die dabei entstandenen Tonminerale reicherten sich in diesem Boden an. Tonhaltige Böden sind ebenfalls schlechte Grundwasserleiter.
Der Wechsel von unterschiedlich durchlässigen Gesteinsschichten führt zu einer Grundwasserstockwerksgliederung: 1) die Oberwaldzone, 2) die Zone der Schwebenden Grundwasserstockwerke und 3) die Zone der Durchgehenden Grundwassersättigung.
Versickerndes Wasser trifft auf Gesteinsschichten, die eine Versickerung in unterlagernde Schichten zulassen (Grundwasserleiter), die eine Versickerung verzögern (Grundwassergeringleiter) oder das Wasser vollständig stauen (Grundwassernichtleiter).
Während die Basis des Vogelsberges komplett mit Grundwasser gesättigt ist und eines der größten Trinkwasserreservoire Hessens darstellt, sorgen die schwebenden Grundwasser-Stockwerke für viele Quellen rund um den Vogelsberg, die seinen Wasserreichtum charakterisieren. Darum dient der Vogelsberg seit etwa 150 Jahren der überregionalen Wasserversorgung, vor allem des Rhein-Main Gebietes, welcher der Hauptabnehmer des Wassers aus dem Vogelsberg ist.
Stele 05: Mahd und Beweidung
Bauern mähen seit Jahrhunderten die Bergmähwiesen im Sommer, zusätzlich weiden dort oft Rinder, Pferde oder Schafe. Der richtige Zeitpunkt der ersten Mahd (= Mähen) ist entscheidend für die Naturvielfalt.
Wird zu spät oder gar nicht gemäht, verdrängen durchsetzungsstarke Pflanzen schwächere Arten und reduzieren die Pflanzenvielfalt. Wird zu früh und zu viel gemäht, verschwinden Kräuter und andere Pflanzen, die noch nicht samenreif sind und sich nicht vermehren können. Der ideale Zeitraum für die erste Mahd der Bergmähwiesen liegt Anfang bis Mitte Juli. Für die Tiere sind die frischen Gräser und Kräuter voller wertvoller Nährstoffe und das gewonnene Heu ein Gourmet-Futter.
Die Herausforderung besteht heute darin, Naturschutz und Landnutzung in Einklang zu bringen und dabei auch den wirtschaftlichen Aspekt zu berücksichtigen. Trotz Ausgleichszahlungen erleben viele Landwirte wirtschaftlich schwere Zeiten. Die hohe Arbeitsbelastung in der Viehhaltung ohne Wochenende und Urlaub tragen ihr Übriges dazu bei, dass die Zahl der Bewirtschafter seit Jahren rückläufig ist.
Deshalb ist die Zusammenarbeit der Landwirte mit den Fachbehörden des Vogelsbergkreises, dem Naturschutzgroßprojekt Vogelsberg und der Nachhaltigkeitsinitiative „Nähe ist Gut“ sehr wichtig, um auch zukünftigen Generationen dieses Naturwunder zu erhalten
Die Bergmähwiesen werden durch eine ein- bis zweischürige Mahd genutzt. Selten gibt es auch drei- und mehrschürige Wiesen. Große Flächenanteile werden extensiv bewirtschaftet oder zusätzlich zur Mahd beweidet. Häufig sind Rinderweiden, vereinzelt auch Pferde- und Schafweiden zu finden.
Die Heuernte
Der traditionelle Mahdtermin dieser artenreichen Bergmähwiesen im Vogelsberg liegen zwischen dem 15.Juni und 15 Juli. Das Gras wird gemäht, meist drei Tage lang gewendet und getrocknet und dann in Rund und/oder Quaderballen gepresst.
Aspekte zum Kauf regionaler Produkte
Die im Vogelsberg wirtschaftenden Betriebe erhalten durch die Mahd die vielfältige Flora und Fauna auf der Flächen wie z.B. Arnika, weichen Pippau, Flockenblume und die Türkenbundlilie- (die Wappenblume des Vogelsbergkreises) die sonst durch Verbuschen oder Verbrachen bedroht wären. Die Herausforderung ist es dabei Naturschutz und Landnutzung nachhaltig in Einklang zu bringen und dabei insbesondere die wirtschaftlichen Zwänge, denen die Landnutzer unterworfen sind, zu berücksichtigen. Diese ergeben sich vor allem durch die meist nicht kostendeckenden Erträge der nachhaltigen Bewirtschaftung.
Trotz Ausgleichszahlungen durch Agrarumwelt- und Naturschutzförderprogramme. Die der besonderen Bedeutung der Landnutzer für unsere Landschaft Rechnung tragen sollten, erleben viele der heimischen Landwirte wirtschaftlich schwere Zeiten, da Erlöse aus Vermarktung und Agrarförderung die hohen Kosten für Winter-Futtermittel für die Weidetiere sowie für die Pacht und Investitionen kaum decken. Die hohen Arbeitsbelastungen in der Viehhaltung ohne Wochenendfreizeiten und Urlaub tragen ihr Übriges dazu bei, dass die Zahl der Haupt und Nebenerwerbsbetriebe im Vogelsberg seit Jahren rückläufig ist.
Deshalb ist die Zusammenarbeit der Landwirte mit dem Vogelsbergkreis, dem Umweltministerium und mit der Nachhaltigkeitsinitative Nähe ist Gut als weiterer Baustein sehr wichtig, um diesen großen Herausforderungen zu begegnen.
Wie können Sie sich als Verbraucher für die Bergmähwiesen engagieren?
Durch den Kauf von regionalen Produkten, wie Rind- und Lammfleisch, Wurstwaren, Käse, Bergmähwiesenhonig, Heukissen und andere Produkte können Sie als Verbraucher und Wanderer die Region Vogelsberg bei der Erhaltung der besonderen Pflanzenvielfalt der Bergmähwiesen tatkräftig unterstützen. Durch den Kauf dieser regionalen Produkte können Sie die örtlichen Landwirte in Ihren Bemühungen unterstützen dieses artenreiche Grünland zu erhalten. Nicht nur die Bergmähwiesen, sondern auch die wichtige Arbeit der Bewirtschafter würde dadurch wieder wertgeschätzt.
Stele 06: Lebensraum Ernstberg
Seit über 300 Jahren nutzen Bauern den Ernstberg, um ihre Tiere weiden zu lassen. So ist eine besondere Naturperle entstanden: Eine Weidelandschaft mit zahlreichen Einzelbäumen und Feldgehölzen (Huteweide), die vielen seltenen Tier- und Pflanzenarten eine Heimat bietet.
Hier gibt es eine der höchsten Populationsdichten des Neuntöters. Die Vogelart ist für Nahrungssuche und Nistplatzwahl auf die halboffene, reich strukturierte Landschaft angewiesen. Auch seltene Pflanzen wie das Gewöhnliche Katzenpfötchen oder der vom Aussterben bedrohte Efeublättrige Wasserhahnenfuß sind im vielfältigen Lebensraum-Mosaik des Ernstberges zu finden.
Auf der Huteweide grast heute unter anderem das Rote Höhenvieh. Die alte, robuste Rinderrasse kommt hervorragend mit dem Mittelgebirgsklima zurecht. Wie bei den Bergmähwiesen ist die Fortführung der traditionellen Nutzung der Huteweide für den Erhalt der Artenvielfalt unerlässlich. Das 17 Hektar große Gebiet am Ernstberg steht unter Naturschutz
Der Ernstberg bei Sichenhausen ist ein ca. 17 Hektar großes Naturschutzgebiet, das sich auf einer Höhe von etwa 620 Metern befindet.
Durch die Nutzung des Gebietes zur Beweidung hat sich in den letzten 300 Jahren eine sogenannte Huteweide mit teils sehr alten Einzelbäumen gebildet. Der Begriff Huteweide (auch Hutung oder Magerweide) bezeichnet eine größere landwirtschaftliche Fläche, auf die Haustiere unter Aufsicht eines Hirten oder älteren Kindes zur Weide getrieben werden. Prägnant ist dabei die magere Weidegesellschaft mit Rotschwingel und Straußgras.
Aktuell wird der Ernstberg durch Rinder der Rasse „Rotes Höhenvieh“ beweidet, doch bietet das Gebiet darüber hinaus vielen seltenen und gefährdeten Arten einen idealen Lebensraum.
Der Ernstberg hat eine der höchsten Artendichten im Vogelsberg mit zahlreichen Pflanzen, Vögeln, Reptilien, Amphibien, Tagfalten und Laufkäfern.
Besonders hervorzuheben ist die hohe Populationsdichte des Neuntöters (Lanius collurio). Der Neuntöter (Lanius collurio) oder auch Rotrückenwürger ist eine Vogelart aus der Familie der Würger (Laniidae) und in Mitteleuropa die häufigste Würgerart. Besonders bekannt ist er durch sein Verhalten, Beutetiere auf Dornen aufzuspießen, um sie danach zu verzehren. Weiterhin ist das Gebiet auch Brutgebiet des Baumpieper (Anthus trivialis).
Im Bereich der Flora kommen Pflanzenarten der Bergmähwiesen, Borstgrasrasen und feuchte Quellbereiche zusammen. Man findet seltene Pflanzenarten wie Gewöhnliches Katzenpfötchen (Antennaria dioica), Arnika (Arnica montana) oder auch das Quellkraut (Montia fontana). In den Quellbereichen auf den Weiden ist außerdem der vom Aussterben bedrohte Efeublättrigen Wasserhahnenfuß (Ranunculus hederaceus) zu finden.
Stele 07: Bäche & Flüsse (Hundsbach/Bracht)
Der Vogelsberg ist klimatisch durch hohe Niederschlagsmengen gekennzeichnet. Das Wasser fließt entweder oberflächlich über Bäche und Flüsse ab oder dringt über die vulkanischen Bodenschichten in das Untergrundgestein ein und bildet Grundwasser.
Hier auf 604 m (über dem Meeresspiegel) befindet sich die Quelle des Flusses Bracht, der an seinem Oberlauf noch Hundsbach heißt und nach 32 Kilometern in südlicher Richtung bei Wächtersbach in die Kinzig mündet.
Wasser ist der Ursprung allen Lebens. Gerade in den Oberläufen besteht oft noch eine hohe Gewässergüte. Sandige, lehmige und kiesig-steinige Bereiche bieten eine Vielfalt von Lebensräumen für Tierarten mit oft spezialisierten Ansprüchen. Ihr Vorkommen zeigt die Reinheit des Wassers an.
Larven von Libellen, Bachflohkrebsen, Köcherfliegen, Eintags- und Steinfliegen leben unter Steinen oder Holzteilen. Es gibt sie nur dort, wo das Wasser besonders klar und sauber ist.
Wasserreicher Vogelsberg
Die Hydrogeologie des Vogelsberges ist durch seine geographische Mittelgebirgslage und den geologischen Aufbau bestimmt.
Klimatisch befindet sich der Vogelsberg in der Westwindzone. Die vom Atlantik kommende feuchtwarme Seeluft wird am steilen Anstieg der Westseite des Vogelsberges durch Steigungsregen abgeregnet. Das führt im Hohen Vogelsberg zu ergiebigen Niederschlägen von etwa 1200 Millimeter pro Quadratmeter und Jahr. Der Abtransport der Niederschläge erfolgt durch Bäche und Flüsse, die radialstrahlig bzw. kreisförmig um den Vogelsberg angeordnet sind. Wichtige Flüsse sind z. B. die Nidda, die Ohm und die Schwalm.
Weiterführende Informationen:
Mehr Informationen zur Bracht auf der Internetseite einer Bürgerin von dem Wächtersbacher Stadtteil Hesseldorf
Stele 08: Hecken & Pflege
Hecken prägen das Landschaftsbild im Vogelsberg. Sie bieten je nach Standort bis zu 1.500 Arten Lebensraum, darunter Neuntöter, Rebhuhn, Haselmaus, Igel, Kreuzkröte oder Zauneidechse.
Vor der Intensivierung der Landwirtschaft und dem Zusammenlegen von Flurstücken grenzten Hecken das Eigentum ab, waren Zaunersatz für Weidevieh und lieferten Holz. Auf Grünland- und Ackerflächen schützen sie vor Wasser- und Winderosion und wirken klimaregulierend.
Eine regelmäßige Pflege der Hecken ist unerlässlich. Alle 8 bis 15 Jahre sollten sie abschnittsweise „auf den Stock gesetzt“ werden. Dabei wird das Strauchwerk auf ca. 15 – 20 cm Höhe abgeholzt. Überalterte Gehölze werden mit der Zeit zu dicht oder bestehen nur noch aus Einzelbäumen ohne die wichtige Strauch- und Krautschicht. Für eine Vielzahl von Arten sind sie dann als Lebensraum ungeeignet und verlieren ihre Funktion als Verbindung zwischen Rückzugsorten für Kleintiere. Vielerorts sind Hecken bedroht und müssen den immer größeren Platzansprüchen der intensivierten Landwirtschaft weichen.
Die Hecke hat ihren historischen Ursprung im Mittelalter. Bauern nutzten sie zur Abgrenzung des Ackerlandes, des Eigentums und zur Abwehr wilder Tiere. Dabei stellte sie außerdem einen wirtschaftlichen Nutzen für den Bauern dar: zur Futtergewinnung für das Vieh wurde die Hecke regelmäßig beschnitten, ließ die Baumart der Hecke es zu, so konnte überdies Brennholz gewonnen werden.
Die ursprünglichen Funktionen der Hecke finden heute keinen Nutzen mehr. So wird sie vom Mensch in Wohngegenden vermehrt als Sicht- oder Lärmschutz, als Schattenspender oder zur Verschönerung des Landschaftsbildes genutzt. In der Landwirtschaft besitzt die Hecke hingegen eine hohe Bedeutung. Sie bietet Schutz vor Wind- und Schneeverwehungen sowie vor Befall der landwirtschaftlichen Nutzpflanzen mit Schädlingen. Die Hecke erhöht die Taubildung und verringert die Verdunstung. So stabilisiert sie die Bodenfeuchte und schafft einen Ausgleich der Bodentemperatur.
Unbeachtet bleibt jedoch meist die hohe ökologische Bedeutung der Hecke für die Umwelt. Die Hecke zählt zu den Linienbiotopen und trägt bei fehlendem Wald- und Grünlandanteil zur Biodiveristät und Vernetzung von Biotopen bei. Dabei bildet sie einen Wanderweg und ermöglicht die Ausbreitung von Tieren und Pflanzen in ansonsten landwirtschaftlich (oder forstwirtschaftlich) genutzter Landschaft. Insekten, Vögeln, Reptilien und Kleinsäugern dient die Hecke auf der Wanderung als Rastplatz und zur Nahrungssuche. Amphibien nutzen den Biotopverbund überdies zum Überwintern. Die Tiere erhalten Schutz vor der Witterung und Feinden.
Die ideale Hecke besteht aus drei Zonen: Saumzone, Mantelzone und Kernzone. Die Kernzone sollte in der Mitte die höchsten Gehölze beinhalten, die Saumzone setzt sich hingegen aus Stauden und Wildkräutern zusammen.